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Die klare Sprache des Mutes: Das Gedicht “Der Bauer an seinen durchlauchtigen Tyrannen”

Wer bist du? Diese Frage steht bei Bürgers Gedicht “Der Bauer an seinen durchlauchtigen Tyrannen” am Beginn jeder Strophe. Eine Frage, die keine Antwort erwartet, sondern die Zustände und Ungerechtigkeiten zwischen Feudaladel und der mittellosen Bauernbevölkerung anprangert. Mutige Literatur für die damalige Zeit.

Not und Aufstand im 18. Jahrhundert

Im Jahre 1773 schrieb Gottfried August Bürger dieses Gedicht, in dem ein Bauer sich über das dreiste und herrische Verhalten des Landesfürsten beklagt. “In mein Fleisch… dein Jagdhund … darf Klau und Rachen haun… ” Von Strophe zu Strophe steigern sich die genannten Verbrechen des Fürsten. Dem gegenüber beklagt der Bauer den kargen Lohn und die Mühe, die ihm seine schwere Arbeit tagein, tagaus auf dem Feld bringt.

Mit Sturm und Drang zur Veränderung

Zehn Jahre waren seit dem Siebenjährigen Krieg vergangen. Die Epoche des Sturm und Drang beginnt in Deutschland ihre ersten zarten Knospen zu entwickeln. Bürger war als Amtmann mit den Problemen des einfachen Mannes vertraut. Mit schlichter, verständlicher Sprache beschreibt er die ungerechte Behandlung von Arbeitern und Bauern. Im einseitigen Dialog drückt er mit Vergleichen, Alliterationen und anschaulichen Metaphern die Wut des einfachen Mannes aus. Die Überschrift verrät Ironie, das Gottesgnadentum wird in Frage gestellt: “Gott spendet Segen, du raubst”. Es kann daher nicht sein, so die Argumentation im Gedicht, dass die tyrannischen Herrschaften von Gott gewünscht sind, ein revolutionärer und auch riskanter Gedanke zur damaligen Zeit! Der demokratisch gesinnte Bürger wählt bewusst die Sprache, welche die Unterdrückten verstehen und die Unterdrücker aufrütteln soll.

Bild: Bigstockphoto.com / Zwiebackesser